Immer mal wieder höre ich von Leuten im Zusammenhang mit lahmenden Hunden sowas wie „…der simuliert nur“. Begründet wird das in der Regel damit, dass 1.) das Humpeln sich verstärkt, wenn man den Hund anspricht und ihn und die Pfote (ich nehme hier mal die Pfote als Beispiel) näher anschaut. Oder 2.) damit, dass der Hund vorhin beim Stöckchenspielen oder Herumrennen mit seinen Kumpels gar nicht gelahmt hat, jetzt aber schon.
Es ist mir ein Bedürfnis, hier mal für alle Hunde zu sprechen, mit denen ich je im Auftrag kommuniziert habe oder befreundet bin. Denn beide Argumente, die Vertreter der Simulationstheorie vorbringen, sind leicht zu entkräften. Und nein, der Hund simuliert nicht.
1.) Gehen wir auf den Hund zu und nehmen die Pfote in die Hand, bringen wir all unsere Aufmerksamkeit auf ihn und die schmerzende Körperstelle. Das macht den Schmerz bewusster. Außerdem wollen wir ja die Pfote anfassen, die der Hund dann natürlich auch anhebt und uns etwas angespannt und/oder betroffen anschaut. Und ratet mal, wie er sich fühlt? Angespannt und/oder betroffen. Wie viele Lebewesen, denen etwas weh tut und die sich ihren Liebsten anvertrauen. Er schaut einfach so, wie er sich fühlt. Der Hund schaut an dieser Stelle ausdrücklich NICHT Mitleid heischend, um sein elaboriertes Täuschungsmanöver zu perfektionieren.
2.) Toben, Spielen, Freude. Das schüttet Noradrenalin, Endorphin, und manchmal, weil Action auch Stress sein kann, Cortisol aus. Alles schmerzstillend für den Moment, nicht aber auf Dauer. Daher die fehlende (oder für den Laien nicht mehr sichtbare) Lahmheit. Und natürlich reagieren auch Hunde auf Ablenkung – uns tut es doch auch gut, nicht permanent an unser schmerzendes Handgelenk zu denken.
Außerdem: Lahmheit kann durchaus diffus sein, was erklärt, warum es mal aussieht, als wechsle das Humpeln von Bein zu Bein. Zudem ist es schon für Profis nicht immer leicht, den betroffenen Fuß auszumachen, also ist es für den normalen Hundemenschen erst recht schwer. Und dann kommt auch noch hinzu, dass Schmerz sich verlagern kann durch Belastung und Kompensationshaltung.
Also. Der Hund, unser Familienmitglied, unser Freund, hat nix davon, uns Schmerzen vorzutäuschen. Warum auch? Schreibt ja nicht etwa morgen eine Klassenarbeit oder will sich vorm Sportunterricht drücken. Zu einer vertrauensvollen Beziehung gehört auch, das Unwohlsein unserer Tiere ernstzunehmen. Das heißt ja nicht, dass man ein Drama draus machen muss. Aber man muss da sein und zuhören und sich kümmern.
PS: Und natürlich sind manche Tiere ein bisschen wehleidig und andere hart im Nehmen. Wie wir Menschen halt. Nur ohne Sportunterricht und Klassenarbeit. Abgesehen davon: Ich sag es doch immer. Sie sind wie wir.